Die Hecke der Erkenntnis
Am Sonntag hatten wir den 9. November. Ein geschichtsträchtiger Tag:
Am 9. November 1918 rief Philipp Scheidemann die erste deutsche Republik aus, die aus der Novemberrevolution hervorging.
Am 8. und 9. November 1923 unternahmen Adolf Hitler und Erich Ludendorff einen Putschversuch der NSDAP, um die parlamentarische Demokratie zu stürzen und eine nationalsozialistische Diktatur aufzubauen. Dies dürfte vielen unbekannt sein.
Die nächsten beiden Daten sollte jedoch jeder Deutsche kennen:
Am 9. November 1938 fand die Reichspogromnacht statt. Die Zerstörung von Synagogen und jüdischer Geschäfte gilt als dunkelstes Kapitel der deutschen Geschichte und als Vorläufer des Holocaust.
Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer und mit ihr die Teilung Deutschlands.
Was hat das mit "meiner Hecke der Erkenntnis" zu tun?
Mehrere Tage habe ich an unserer drei Meter hohen und fünfunddreißig Meter langen Hecke geschnippelt, um sie auf zwei Meter zu kürzen. Die Hecke ist etwas breiter und buschiger, die Äste etwas dicker. Darum konnte ich mich nur mit einer schweren Astschere von der Leiter aus vorarbeiten, um den Zaun zu "bezwingen". Nach dem Grobschnitt sollte es an den Feinschliff gehen. Die zerrupfte Hecke sieht auch wirklich gewöhnungsbedürftig aus.
Am Vorabend gab es ein Fest bei der hiesigen Feuerwehr in Reddelich, bei dem auch Bäume und Sträucher verbrannt wurden. Von mehreren Freunden und Bekannten wurde ich angesprochen: "Wie sieht denn deine Hecke aus?". Eigentlich hatte ich vor, das Strauchwerk einen Tag später auf Vordermann zu bringen. Hätte ich auch getan. Das Wetter spielte mit. Dann telefonierte ich jedoch mit einer sehr guten Bekannten, die sich euphorisch über den 9. November 1989 äußerte. Erst durch dieses Gespräch wurde mir wieder die Bedeutung des Datums bewusst. Beim dritten Frühstückskaffee und wiederholten Blick auf die Einfriedung fing ich an, verschmitzt zu lachen. Für viele - und das meine ich wirklich nicht abwertend - ist eine hübsche, gerade geschnittene Hecke wichtig. Auch für meine Frau. Hätten wir an dem Tag nicht den 9. November gehabt, wäre diese Hecke auch für mich - vielleicht - nicht ganz belanglos. Die kurz vorher gemachten Gedanken über die Vergangenheit zeigten mir aber worauf es wirklich ankommt. Ich habe mir meinen vierten Kaffee eingeschenkt und habe die Hecke Hecke sein lassen. Jetzt erinnert mich meine neue Freundin, die hübsch-hässliche Grundstücksbegrenzung, an Dankbarkeit und Demut. Hoffentlich bleibt mir meine neugewonnene Gelassenheit und mein Gleichmut länger erhalten. Auch bei allen Änderungen und Wirrungen, die wir derzeit erleben.
Buen Camino
Am 30. September 2018 ging Helmut nach über 38 Jahren als Marineoffizier in Pension. Drei Tage später war er auf dem Jakobsweg. Im Februar 2024 hat er bereits seinen fünften Jakobsweg beendet. In seinem Buch über seinen ersten „Camino“ beschreibt er die Motivation und den Anreiz, den Jakobsweg zu gehen. Ergänzt werden seine Erlebnisse auf seinem ersten Camino Frances durch zahlreiche praktische Tipps und vielfältige Erinnerungen aus seiner Marinezeit.
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